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INTERVIEW

             mit Christen Merkle






             ahp.magazin: Ein weiteres ungewöhnliches Jahr geht zu   ahp.magazin: Nur 4 Tage?
             Ende. Wie sieht‘s aus bei AHP Merkle?            CME: Es waren 4 lange Tage Hilflosigkeit. Dann kam der Anruf der
             CME: Das Jahr 2022 war in der Tat ungewöhnlich. Wir sind gut ins   Mitarbeiterin der Renate-Merkle-Stiftung aus Lemberg/Lviv, Halina
             Jahr gestartet, haben einen tollen Auftragsbestand aus Ende 2021   Tomkiv. Sie fragte nach, ob Sie das noch in der Ukraine befindliche
             mitnehmen können und die ersten 3 Monate entsprechend gut los-  Geld der Stiftung für den Kauf von Medikamenten verwenden darf.
             gelegt. Leider wurde zu Ende des 2. Quartals alles etwas ruhiger   Dem haben wir natürlich sofort zugestimmt.
             und im zweiten Halbjahr war es gut bis okay, aber eben nicht so,
             wie im ersten Quartal. Leider.                   ahp.magazin: Ein Game-Changer, der Anruf?
                                                              CME: Ja, absolut. Direkt nach diesem Anruf am 28. Februar 2022
             ahp.magazin: Das lag doch sicherlich an dem unsäglichen   haben wir einen Spendenaufruf gestartet. Dieser läuft bis heute
             Krieg in der Ukraine?                            sehr erfolgreich. Wir konnten helfen, direkt, ohne nur hilflos zusehen
             CME: (seufzt) Ja, ganz bestimmt. Der Einmarsch von Putin in die   zu müssen!
             Ukraine am 24. Februar 2022 war nicht nur für mich, sondern für
             ganz viele Menschen ein Schock. Da ist das Unvorstellbare passiert   ahp.magazin: Das heißt, 2022 war wieder ein Jahr, in dem
             und man fragt sich schon, wie das in unsere moderne, aufgeklärte   angepackt wurde?
             Zeit passt! Aber ganz klar, es hat die Stimmung komplett auf   CME: Das machen wir jedes Jahr. Seit 50 Jahren. Ich erinnere mich
             den Kopf gestellt. Und plötzlich hatten wir neben Corona wieder   an kein Jahr, in dem wir einfach abgewartet haben, was wohl pas-
             Kriegsängste. Und die Stimmung war und ist im Keller. Nicht zuletzt   sieren wird. Wir sind eher die an- oder zupackenden Menschen.
             deshalb, weil positive Ereignisse und Ergebnisse, die es nach wie vor   Wollen die Richtung vorgeben und nicht unbedingt mitschwim-
             gibt, es nicht mehr in die Medien schaffen.      men…


             ahp.magazin: Seit vielen Jahren ist die Familie Merkle durch   ahp.magazin: Typisch AHP Merkle. Immer am bewegen…!?
             die Renate-Merkle-Stiftung in der Ukraine aktiv. Da war der   Und das seit 50 Jahren. Es steht 2023 das Jubiläum an. Auf-
             Kriegsbeginn doch besonders hart, oder?          regend?
             CME: Das war unfassbar traurig mit ansehen zu müssen. Ich saß 4   CME: Eher inspirierend. Wenn man die Möglichkeit hatte, davon
             Tage wie paralysiert vor dem Fernseher, war im Internet und alles,   35 Jahren dabei zu sein und mitzugestalten, dann ist es schon eine
             was ich zu sehen und zu hören bekam, war ganz schrecklich. Wir   Inspiration, wenn man an das Jubiläum denkt.
             kennen einfach so viele ukrainische Menschen persönlich. Es war
             unerträglich.
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